Leichtbau in Perfektion

Daniel Fenn

Daniel (Baujahr 1976) ist schon als Kind durch Andersartigkeit aufgefallen. Außergewöhnliche  Begabung in Sport, Handwerk und technischen Zusammenhängen, dafür ein beharrliches  Desinteresse in allen anderen Schulfächern. Bis 2004 galt er als Ausnahmetalent im  Mountainbike-Sport, musste seine Karriere aber nach einem schweren Unfall  (Wirbelbrüche, zertrümmertes Becken) beenden. Entgegen aller Prognosen hat er sich  wieder ins Leben zurückgekämpft, konnte aber durch körperliche Einschränkungen  zunächst weder in seinen Job zurück, noch war schmerzfreies Radfahren möglich. Um  nicht auf das Radfahren verzichten zu müssen, hat er in der Liegeradszene recherchiert,  und nach dem Erwerb eines Go One 3 im Velomobilforum angefragt, wieso es nicht  möglich ist, damit schneller als 70 km/h zu fahren. Woraufhin er von Jens Buckbesch  eingeladen wurde, mit einem Milan an der EM in Paderborn teilzunehmen („Sie können  damit 70 km/h fahren? Kommen Sie doch mal vorbei“).  

Nach einem Gesamtsieg dort, und weiteren erfolgreichen Rennen mit seinem eigenen,  von ihm selber bis an die Grenze des Möglichen verbesserten Go One 3 galt er in der  Szene als berühmt berüchtigt, besonders, weil viele mit seiner unverblümten Art nichts  anfangen konnten. Als er beharrlich darauf bestand, es müsse möglich sein, ein Velomobil  unter 20 kg zu bauen, wurde er belächelt. Die Firma Beyss engagierte ihn für die  Produktion, im Gegenzug durfte er dort seine Neuschöpfung umsetzen. Sein erstes Evo R (21 kg) erblickte das Licht der Welt, kurz darauf eines mit 18 kg, und prompt kam der  Aufschrei aus der normalen Welt, „Warnung vor gefährlichem Leichtbau, das kann nicht  funktionieren“. Tat es aber, nach dem Evo R folgten das Evo K und Evo S, dann 2013 die  Anfrage von Ymte Sijbrandij, ob Daniel sich vorstellen könnte, mit ihm gemeinsam eine  Firma zu gründen, ein neues Velomobil zu designen, und für Jan Wijnen bei dem Aufbau  einer Produktionsstätte in Rumänien mitzuwirken. Das neue Velomobil bekam Daniels  Initialen (DF), die Produktionsstätte in Rumänien seinen persönlichen Stempel, weil er die  „Laminierfrauen“ selber aussuchen und in die außerordentliche Kunst des Leichtbau  einweisen konnte. Eineinhalb Jahre hat er in Rumänien zugebracht, danach bezog er eine  Werkstatt in Nijmegen/ Niederlande. Das DF XL erblickte das Licht der Welt, und gemäß  Daniels fanatischer Art, sich niemals mit „normal“ zufriedenzugeben ging es weiter mit der  Suche nach Perfektion in Geschwindigkeit und Fahrverhalten. Er entwickelte die „Hosen“  (Aerodynamische Radverkleidungen), „Schwanzverlängerung“, und setzte folgenden Post  ins Forum: 

„Suche Frau für 24 Stunden“. 

Er wollte im Dauerwettbewerb DF versus Milan SL beweisen, dass ein XL oder Evo S mit  Hosen auf einer Rennbahn 24 Stunden lang mit Nacht im Schnitt nur 110 Watt bei 50km/h  (bei 100kg Gesamtgewicht), bzw. bei guten Bedingungen 105 Watt benötigt.  Velomobilize hatte die gute Idee, Nici Walde vorzuschlagen, die eigentlich mit 1,50 m, 44  kg, und schon 42 Jahre alt als völlig ungeeignete Kandidatin schien. Aber nach kurzer  Kontaktaufnahme hatten sich nicht nur zwei völlig Verrückte gefunden, sondern Daniel  verlegte seinen Wohnsitz spontan nach Weil bei München. Innerhalb von 8 Wochen  entstand ein kleines Spezial DF, und nach zwei Testfahrten sollte es die 12 Stunden auf  dem Lausitzring bestreiten. Im Vorfeld hieß es, „Ihr probiert hier ein wenig“, im Endeffekt  gab es einen hart erkämpften 12 Stunden Rekord, und das mit pannenfesten Alltagsreifen,  statt Rekordreifen. Ein Jahr später den ersten 24 Stunden Rekordversuch in Aldenhoven,  mit dem neuen „Meisterwerk“ DF- „M“. Viele Probleme mit Reifenschäden, gefahrene  1106 (1111 km), aber nur eine Weltbestleistung, kein anerkannter Rekord durch die  Frage, ob es einen Helmverstoß gab.  

2017 hat Daniel das DF komplett überarbeitet- Eine neue Schwinge nach Rumänien  gebracht, die Hutablage deutlich vergrößert, außerdem ein Vierrad begonnen. Zu diesem  Zeitpunkt war das DF sein Lebenswerk, aber als Ymte im Herbst 2017 um die Trennung  bat, war das zwangsweise der Startpunkt für völlig neue Überlegungen. Daniels Leben 

WAR Velomobil. Um davon leben zu können wie bisher, musste etwas Neues, Besseres  her. Und das, nachdem das DF GERADE völlig optimiert worden war. Die Schwachstelle  des DF ist Windanfälligkeit. Also hat Daniel Tag und Nacht Überlegungen angestellt, und  tatsächlich schon Silvester 2017 das erste Alpha 7 aus der neu entwickelten Form geholt.  

Marcel Graber hat sich für das Trans Am im März 2018 ein solches Alpha 7 gewünscht,  und mit Riesenzeitdruck im Vorfeld (auch noch einigen Kompromissen am absoluten  Neufahrzeug Alpha) das Rennen fahren und sensationell gewinnen können. Bei der  darauffolgenden Spezialradmesse 2018 wurde eine Zusammenarbeit mit Jan Wijnen und  dem rumänischen Werk vereinbart. Es entstand das neue Alpha 7, ein Velomobil mit  offenen Radhäusern, einem neuen Fahrwerk, Windunanfälligkeit, die dem Platzhirsch Paroli bieten konnte, und wunderschönem Design. Kleine Fehler, die das „TransAm  Alpha“ noch hatte, wurden ausgebügelt, das Herstellungskonzept verbessert (vereinfacht,  um Serienproduktion optimal möglich zu machen), und die Belegung angepasst, um  Unfallverhalten zu verbessern, und die sichere Aufnahme von schwereren Fahrern zu  gewährleisten. Die Entwicklung zum Serienalpha brauchte ein weiteres Jahr. Mit dem DF M und Nici gab es außerdem einen neuen Rekordversuch über 24 Stunden  bei Opel. Eine tolle Veranstaltung mit großem Medieninteresse, sehr kurzfristig perfekt in  Szene gesetzt vom Opel Team. Vielversprechende erste sechs Stunden mit perfekten  Bedingungen und 55 km/h Schnitt, dann leider ein langer Wolkenbruch, mehrere Stunden  nasse Fahrbahn und kalte Temperaturen, trotzdem ein anerkannter Rekord mit immerhin  1088 km. 

Das Alpha 7 war ein Verkaufsschlager, der Rekord zwar nicht sensationell, aber auch  nicht schlecht- trotzdem war Daniel nicht zufrieden. Der Milan SL galt nach wie vor als  Konkurrent, es gab kein Velomobil für besonders große oder besonders kleine Menschen.  Außerdem hatte er bereits Ideen für weitere Optimierungen. Es entstand das „After 7“,  eine perfekte straßentaugliche Rennmaschine, die mit Daniel beim Zeitfahren von  Hamburg Berlin den bis heute gültigen Streckenrekord holen konnte. Es erhielt den  Beinamen „Teufelsvelomobil“, der Prototyp wurde auf der Spezi 2019 gestohlen und ist nie  wieder aufgetaucht. 

2021 entwickelte Daniel dann ein großes Alpha, das Alpha 9, das erste Velomobil, was  Windunanfällig, groß, sehr spurtreu, stabil in der Kurve und trotzdem zügig im Alltag ist.  Erstmals wurde das Design digital erstellt, und anschließend gefräst, da Daniel vor hatte,  die geplanten kleineren Modelle aus dieser ersten Zeichnung mit wenig Aufwand  entstehen und fräsen zu lassen. Im Nachhinein hat sich unglaublicherweise  herausgestellt, dass er durch seine Hochbegabung in der Lage ist, schneller und  effizienter zu arbeiten, wenn er die Form komplett selber macht mit der Hand. Also kommt  nur das A9 Urmodell aus dem Computer, alles danach und davor stammt aus seinem Kopf  und wurde mit seinen Händen geschaffen. Meistens innerhalb weniger Wochen. Um zu  beweisen, dass das A9 keine Schnecke ist trotz seiner Größe, hat Daniel bei der WM  2021 in Sloten mit dem ersten seiner Art teilgenommen, und musste sich lediglich dem  schnellen Snoek von Matthias König geschlagen geben. 

Aus dem A9 wurde das M9 geboren, das perfekte Alltagsvelomobil mit allen Vorzügen, die  Daniel umsetzen wollte: Spurtreue, Windunanfälligkeit, die seinesgleichen sucht, steif im  Antrieb, groß im Innenraum, und trotzdem zügig in der Ebene. Kleiner als das A9, aber  immer noch passend für die meisten größeren Fahrer, aber genauso möglich, kleine  Fahrer aufzunehmen. Mit vielen verschieden großen Sitzen, die an der Hutze an  Schrauben fixiert werden, hat Daniel für verschieden große Fahrer perfektes Sitzen  möglich gemacht, außerdem das Unfallverhalten der Alphaklasse revolutioniert, weil bei  einem Auffahrunfall die Kräfte auf das ganze Chassis übertragen werden, und nicht  punktuell bei Sitz und Fahrer enden. 

Das M9 hat sich recht gut verkauft, das A9 wurde vergrößert, um NOCH größeren Fahrern  Platz zu bieten, und der nächste Rekordversuch über 24 Stunden wurde geplant. 2022 auf dem Lausitzring, dieses Mal ohne Presse, ohne Sponsoren, sogar die Bahn wurde selber finanziert. Obwohl im Vorfeld eine Coronainfektion das Training massiv 

behinderte, und die Bedingungen zu kalt und zu windig waren, konnte ein perfektes Team  dieses Mal den Frauenrekord auf 1129 km anheben. Einen Tag danach hat Daniel gesagt,  es reicht ihm für alle Zeiten mit diesen blöden 24 Stunden. 

Stattdessen hat er sich die Zeit genommen, zu überlegen, wie man aus diesem perfekten  Alltagsfahrzeug M9 einen Snoekgegner schaffen kann, ohne die großartige Kurvenlage  einzubüßen, oder wieder zu windanfällig zu werden. Bis zum M9 lag das Hauptaugenmerk  auf der Alltagstauglichkeit. Die meisten Kunden wollen im Alltag zügig mit komfortabel  verbinden, lieber gut von der Ampel wegkommen, oder auch bei wenig Watt den Berg  leicht erklimmen, und insgesamt schnell ankommen, statt auf gerader Straße einen halben  km/h schneller zu sein. (Das ist das Dilemma eines Designers: Diese natürlichen Grenzen.  Entweder ich habe eine super Kurvenlage, muss aber dann möglicherweise mit einem  schlechteren Wendekreis zurechtkommen. Irgendwann sagt die Physik, hier ist Schluss.  Daniel hat im M9 alle wünschenswerten Alltagseigenschaften bis an die Grenze  ausgereizt.) 

Aber die Nachfrage nach einem maximal schnellen Alltagsvelomobil war allgegenwärtig,  außerdem gab es mittlerweile das neue Bülk.  

Dieses Mal hat Daniel sich richtig Zeit genommen. Fast ein Jahr lang hat er im Kopf  Überlegungen angestellt, bevor er mit den Zauberhänden die vorhandene M9 Form in eine  W9 Form verwandelt hat, und ein kleines W9 entstehen konnte. 

Bei den ersten Probefahrten die Riesenüberraschung: Es ist zwar größer, als erwartet,  aber Nici kommt mit ihrem DF spezial nicht mehr hinterher. Kurvenlage zufriedenstellend,  Windunanfälligkeit noch überlegen (nicht mehr, wie beim M9, was er auch vorhergesagt  hatte, aber besser als erwartet), Spurtreue nochmal deutlich gesteigert (es fährt wie auf  Schienen!), und der Antrieb: Das Fahrzeug zieht los wie eine Rakete, und bergauf lässt es  ALLE stehen. Dieser Antrieb wurde später rückwirkend auf alle Alphas der 9er Klasse  übertragen. Obwohl Daniel schon immer ein hochfanatischer Entwickler war- die  Erschaffung dieses neuen Antriebs ist für ihn der größte Schritt in der  Entwicklungsgeschichte der Velomobile.  

Leider im Vorfeld viele Mißverständnisse und daraus entstehende schlechte Presse, aber  die Messdaten zeigen wieder und wieder, dass das W9 eine neue Klasse ist.  Vor der WM 2023 wollte Nici die Teilnahme absagen, weil die starke Fahrerin Natasha  Walter eins der ersten rumänischen W9 gekauft hatte, und klar war, dass das DF nur eine  Chance hat, wenn es mit wesentlich mehr Leistung bewegt wird. Aber das mit fast 50 nicht  mehr so einfach abzurufen ist. 

Weil Daniel genervt war, nur noch allein fahren zu können (keiner kommt mehr hinterher),  hat er doch noch ein W9s entwickelt, also ein noch kleineres W9. 

Auch dieses ist mittlerweile in Rumänien erhältlich, und es ist tatsächlich NOCH ein klein  wenig schneller als das W9.

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